Innerer Monolog von Sophie Scholl - von Lena Hübner (EF)
Mein Name ist Sophie Magdalena Scholl, ich wurde am 09. Mai 1921 in Forchtenberg als Zweitjüngste geboren. Ich habe drei Geschwister. Eigentlich hätte ich vier Geschwister, aber meine ältere Schwester Elisabeth hatte ich nie kennenlernen können. Mein Vater ist Robert Scholl, ehemaliger Bürgermeister von Forchtenberg und meine Mutter heißt Magdalena. Meine Geschwister sind Hans, Werner und Inge. Ich war zusammen mit meinem Bruder Hans Mitglied der Weißen Rose. Ich hätte mich rausreden können, als es zur Verhaftung und zum Verhör kam. Ich hätte mich rausreden können, weil ich eine Frau bin, die von Politik nichts versteht. Mir wurde vorgeworfen, dass ich die Dinge beim Namen nannte und die Bösen die Bösen. Juden, polen und Kriegsgefangene wurden abtransportiert. Deutsche Soldaten, aber auch Soldaten anderer Länder wurden getötet. Hitler kann den Krieg nicht gewinnen, nur verlängern. Wir verteilten Flugblätter von unserer Widerstandgruppe, doch am 18. Februar 1943 ging es schief. Ich war 21 Jahre alt, als ich am 22. Februar, kurz nach 17 Uhr, meine Todesstrafe erhielt. Ich wurde mit einem Fallbeil getötet. Mein Bruder Hans und Christoph Probst wurden drei Minuten nach mir getötet. Doch wie hatte es so weit kommen können?
Wir zogen nach Ulm, als ich zehn Jahre alt war. Meine Geschwister traten nach und nach der Hitlerjugend (HJ) bei. Wir waren begeistert von Hitler und Deutschland, mein Vater dagegen überhaupt nicht, als ich dann auch noch in den Bund Deutscher Mädel (BDM) eintrat. Besonders von Hitlers Rede an die HJ am 04. Dezember 1938 war ganz Deutschland positiv erregt. Immer bei Veranstaltungen sah man die HJ und den BDM im Appell vorbeimarschieren und man wollte dazugehören. Ich war jung und naiv. Wenn ich gewusst hätte, was alles passieren würde … Aber damals war alles perfekt. Wir hatten auch schöne Abende mit Musik, Tanz, Alkohol und natürlich auch mit den Hauptattraktionen, den Jungs! Ich glaube, es war 1937, als ich an einem solcher Abende einen Offizier namens Fritz kennenlernte. Wir tanzten zusammen. Er war sehr charmant. Der BDM wurde uninteressant für mich.
Am 10. November 1937 wurden wir zum ersten Mal verhaftet. Es klingelte an der Tür. Gestapo! Meine Mutter versuchte, alles wegzuräumen, was verboten sein könnte, während mein Vater die Tür öffnete. Die Gestapo durchleuchtete das Haus, nahm alle Kinder mit und ein paar verbotene Bücher. Ich wurde noch am selben Tag freigelassen. Nach acht Tagen wurden Werner und Inge freigelassen. Hans war noch im Gefängnis. Jemand hat sich für ihn eingesetzt und er wurde nach acht Wochen freigelassen. Man nahm uns fest, weil Hans zu einer Clique gehörte, die verbotene Bücher las. Eine Regierung, die Kinder festnahm? Mit Fritz hatte ich nur noch Kontakt durch Briefe. Er war an der Front und kämpfte gegen Russland.
Im Mai mussten alle Mädchen des Ulmer BDM nach Krauchenwies und wurden zum „Volk“ erzogen. Es war eine harte Zeit. Ich fühlte mich sehr eingeengt. Im Frühjahr 1941 war ich endlich frei. Ich zog nach München und begann an der Ludwig-Maximilians-Universität ein Studium der Biologie. Mein Bruder Hans, mit dem ich zusammenwohnte, studierte Medizin. Ich fand zufällig einen Brief einer Widerstandsgruppe, die sich Weiße Rose nannte. Es stand so etwas drin wie: Hitler würde drei Millionen Soldaten opfern, die Wehrmacht bedeute Tod und ist wie eine Vernichtung der Soldaten. Im April 1942 kam ein weiteres Flugblatt in meine Hände. Ich hatte keine Ahnung, wer es verfasst hatte, doch es erhielt meinen größten Respekt. Seit der Eroberung Polens seien 30.000 Juden umgebracht worden. Am Nachmittag erwischte ich Hans und seine Freunde beim Verfassen eines Textes. Ich wusste sofort, dass mein Bruder Hans zur Weißen Rose gehörte. Mir war auch sofort klar, dass ich mitmachen wollte. Mein Bruder zögerte zuerst, jedoch wusste er, dass er mich nicht hätte fernhalten können. Ich verteilte Flugblätter in Augsburg, Ulm, Stuttgart, Frankfurt und auch in Österreich. Dann hielt ein Nazi der schlimmen Sorte, Paul Gieße, eine Rede an meiner Uni. Er hatte wieder getrunken und redete einen totalen Blödsinn: Die Frauen sollten dem Führer Kinder schenken, anstatt in der Uni zu sitzen. Viele junge Frauen wollten den Saal während der Rede verlassen und wurden dann einfach festgenommen. Viele von ihnen wurden wenig später zum Glück wieder freigelassen. In unseren Flugblättern stand nun auch, dass Hitler den Krieg nicht mehr gewinnen, sondern nur noch sinnlos verlängern konnte. „Wir von der Weißen Rose werden euch nicht in Ruhe lassen!“ Hitler war bereit, alle zu opfern. In Stalingrad sind Hunderttausende sinnlos gefallen, mein Fritz hat überlebt!
Aber dann kam es doch noch, dass der Reichsmarschall Hermann Göring eine Rede hielt, dass der Krieg nicht verloren sei. Genau das nahmen wir dann in unsere Flugblätter auf: Den Krieg werden wir verlieren! Wir wurden immer mutiger, aber vielleicht auch immer leichtsinniger! Außer dem Verfassen von Flugblättern malten wir jetzt auch noch Parolen an Hauswände. Unsere nächtlichen Touren löste eine Großfahndung aus, doch davon ließen wir uns nicht aufhalten. Fritz war nun in einem Lazarett. Mein Fritz lebet noch! Ich schrieb ihm einen Brief! Ich wünschte mir eine Zukunft mit ihm nach dem Krieg.
Am 18. Februar 1943 wollten wir in unserer Uni Flugblätter verteilen. Im oberen Stockwerk fiel mir noch ein Stapel Flugblätter auf. Ich weiß nicht, was in mir vorging, aber ich schmiss die Flugblätter aus eine Laune heraus in den Lichthof hinunter. Der Hausmeister erwischte uns und „verhaftete“ uns. Wir hätten fliehen können, doch wir taten es nicht. Im Verhör tat ich so, als hätte ich die Flugblätter nur aus Langeweile heruntergeworfen, aus einer Dummheit heraus. Ich sagte auch, dass ich den Koffer, den ich bei mir hatte, für Wäsche benötigen würde, da ich zu meinem Eltern fahren wollte. Ich leugnete also und tat auf unschuldig. Am Tag meiner Verhaftung hielt Propagandaminister Goebbels eine Rede vor Vertretern der Wehrmacht, die in der Frage „Wollt ihr den totalen Krieg“ gipfelte, die von den Zuhörern frenetisch bejubelt wurde. Er redete weiter für den totalen Sieg. Für mich war das alles verlogen. Am 19. Februar war ich kurz davor, freigelassen zu werden, doch ich wurde zurückgehalten. Sie hatten bei uns zu Hause Papier und Briefmarken gefunden. Keinen Moment zu spät! Da stand ich nun mit einem Fuß wieder in der Freiheit und dann das! Hans hatte ein Geständnis abgelegt. Ich hätte das unschuldige Mädchen spielen können, das von all dem nichts verstand. Aber auch ich legte ein Geständnis ab, so dass Hans und ich alle Schuld auf uns nahmen, um unsere Freunde zu beschützen. Mir wurde eine Anklageschrift vorgelegt.
Am 22. Februar um 13:30 Uhr war der Prozess. Mir wurde Sabotage, Volksverhetzung und Beleidigung des Führers vorgeworfen. Wir wurden zum Tode verurteilt. Uns wurde nur 30 Minuten zeit gegeben, um uns von unseren Eltern verabschieden zu können. Am selben Tag, dem 22. Februar 1943, kurz vor 17 Uhr, wurde ich von einem Fallbeil getötet. Mein Bruder Hans und unser Freund Christoph Probst wurden nur drei Minuten ach mir getötet. Der Henker, Johann Reichhardt, soll später gesagt haben, er habe niemals solch unbeugsame und aufrechte Menschen kurz vor ihrer Hinrichtung erlebt.
„Freiheit! Freiheit!“ – Diese Worte ritzte ich kurz vor meinem Tod in die Zellenwand.
Eine Vorlesung über die Widerstandskämpferin Sophie Scholl
Von Karla Schieferbein (Q 1)
Willich. In der Robert-Schuman-Europaschule lauschten die SchülerInnen gespannt der etwas anderen Vorlesung zur Geschichte von Sophie Scholl und ihren Geschwistern.
Am Freitag, den 8. März 2019, wurden die Schülerinnen und Schüler der RSE Willich von dem Regisseur und Schauspieler Sven Post und der Schauspielerin Reinhild Köhncke besucht. Gesponsort von der Halle 22 hielten sie eine durch digitale Medien, wie Bilder, Videos und digitale Ausschnitte aus den verteilten Flugblättern, unterstützte Lesung über die Geschichte der Studentin und Widerstandskämpferin Sophie Scholl und ihren Geschwistern.
Sophie Scholl war die Tochter des Bürgermeisters und wuchs zusammen mit ihren Schwestern, Elisabeth und Inge, und ihren Brüdern, Werner und Hans, zur Zeit des Nationalsozialismus auf.
Am Anfang standen sie und ihr Bruder Hans, wie die meisten ihrer Freunde und Bekannten, gänzlich hinter dem Idealbild der Nationalsozialisten und so schloss sie sich, trotz der Warnungen ihres Vaters, die Dinge genauer zu hinterfragen, dem BDM, dem Bund Deutscher Mädel, an. Der Vater warnte unter anderen davor, dass all die sportlichen Übungen und ideologischen Schulungen letztlich dazu dienten, einen neuen Krieg vorzubereiten.
Für sie war es der Beginn einer neuen Zeit, in der sie sich gegen ihre Eltern durchsetzen und etwas bewegen konnte. Dabei folgten sie dem jugendlichen Motto: „Uns gehört die Zukunft!“
1937 verliebte sich Sophie in den Offizier Fritz von Hartleben.
Am 10. November 1937 kam es im Hause Scholl zu einer Hausdurchsuchung, bei der Sophie und ihre beiden Brüder verhaftet wurden. Auch wenn Sophie nach kurzer Zeit aus der Haft entlassen wurde, war dies doch ein Weckruf für sie: „Eine Regierung, die Kinder einsperrt, nur weil sie alte Lieder sangen und verbotene Bücher lasen, das kann nicht richtig sein!“
Sophie zog sich aus dem BDM zurück, während ihr Bruder Werner und ihr Geliebter Fritz in den Krieg zogen. Sophie konnte kaum mitansehen, wie Menschen durch Menschen in Lebensgefahr gebracht wurden: „Sag nicht es sei für das Vaterland“, schrieb Sophie in einem ihrer Briefe an Fritz.
1939 begann Sophie Scholl in München zu studieren, als sie anonyme Flugblätter der „Weißen Rose“ erreichten. Schon bald erkannte sie, dass Hans Teil der Widerstandsorganisation „Weiße Rose“ war und schloss sich dieser an. Sie verteilten Flugblätter mit antinationalsozialistischen Parolen in Deutschland und Österreich. Die übrigen wurden nachts an ihrer Uni verteilt. Mit der Zeit ließ die Vorsicht der Organisation nach und Sophie und Hans Scholl wurden bei einer Tagesaktion in ihrer Uni beim Verteilen von Flugblättern gestellt. Ein Hausmeister setzte die beiden fest, als sie Flugblätter von einer Balustrade in den Innenhof des Universitätsgebäudes fallen ließen. Die Beweislast war erdrückend und so nahmen die Geschwister Scholl die ganze Schuld auf sich. In einem Schauprozess am 22. Februar 1943, bei dem das Urteil schon im Vorhinein feststand, wurden sie zum Tode durch das Fallbeil verurteilt. Sophie starb im Alter von 21 Jahren. Nach ihrem Tod fand man ihre letzten Worte an der Zellenwand: „Freiheit, Freiheit!“
In der Kommentarrunde äußerten sich die SchülerInnen zur Lesung. Zwei der SchülerInnen äußerten sich folgendermaßen: „Es hat mich sehr bewegt, was Sophie Scholl erreichte und wofür sie gekämpft hat.“ – „Es ist schockierend, sie war kaum älter als wir, als sie getötet wurde.“
Die Lesung selbst erhielt durchweg positive Rückmeldungen, die anschauliche Lesung erweckte in den Augen und Herzen der SchülerInnen echtes Interesse.